Von am 18.02.2021

Mobile First Design

Einleitung

Der Begriff „Mobile First“ wurde unter anderem von Luke Wroblewski geprägt und bezeichnet die Idee bei Applikationen und Websiten die mobile Version, also für das Smartphone oder Tablet, zu priorisieren und als Erstes zu entwickeln und zu designen.1

Der ehemalige Google Chairman Eric Schmidt sagte dazu:

„The simple guideline is whatever you are doing—do mobile first”

2 was auf Deutsch so viel bedeutet wie: „Die einfache Regel ist, egal was du machst mach es zuerst für mobile Geräte“.

Obwohl das Buch und die dazugehörige Forschung bereits im Jahr 2011 erschienen sind, gelten viele der grundlegenden Überlegungen nach wie vor. Der folgende Artikel ist ein Versuch die Überlegungen aus 2011 mit dem Stand der Technik vom Jahr 2021 zu vergleichen.

Mobile Internetnutzung

Das Smartphone ist im Jahr 2021 nicht mehr wegzudenken und omnipräsent in der Gesellschaft vertreten. Seit 20073 das iPhone der Firma Apple vorgestellt wurde, entwickeln sich Smartphones nicht nur zum „schlauen Telefon“, sondern haben längst zusätzlich zum Telefonieren unzählige andere Funktionen übernommen. Die häufigsten Anwendungen (in Österreich und im Jahr 2019) waren zum Beispiel: Instant Messaging, fotografieren und filmen, Emails, zum Surfen im World Wide Web sowie die Verwendung als Wecker.4

Auch für den Bereich E-Commerce wird das Smartphone immer bedeutsamer. So gaben im Jahr 2013 nur 9% der Befragten in Österreich an, Waren über das Smartphone gekauft zu haben. Im Jahr 2019 gaben 32% an Waren via Smartphone gekauft zu haben.5 Zudem gaben 80% der Befragten in Österreich an, ein Smartphone für die Nutzung des Internets zu verwenden.6 Europaweit liegen Mobiltelefone bei rund 52% der Seitenaufrufe und in Südamerika, Afrika und Asien liegt der Prozentsatz mobiler Aufrufe bereits bei über 60%.7

Diese, und weitere Gründe legen nahe, sich mit dem Design und der Entwicklung von mobilen Websiten und Applikationen zu beschäftigen und auch zu priorisieren da diese, unter Anbetracht der beschriebenen Tatsachen, stetig wichtiger werden.

Einschränkungen auf mobilen Geräten

Bildschirmgröße

Eine offensichtliche Einschränkung von Smartphones im Vergleich zu Desktop Computern ist die Größe des Displays, die nur einem Bruchteil eines „großen“ Bildschirms entspricht.

Im Ansatz Mobile First wird die Einschränkung des kleineren Displays nicht negativ gesehen, sondern als Grund, sich in der Website oder App auf das Wesentliche zu beschränken. Am Beispiel von Flickr wurde das im Buch illustriert: von mehr als 60 Optionen in der Navigation wurde auf sechs Optionen reduziert. Konzipiert man die Mobile Site als Erstes so ist es erforderlich sich zu überlegen, wo die Prioritäten liegen. Die Struktur wird dann vom „kleinen“ zum „großen“ übertragen, so der Denkansatz.

Leistung

Mobile Geräte werden an allen möglichen Plätzen benutzt und oft reicht die Netzqualität nicht aus, um ohne Wartezeit die verschiedenen Services zu benutzen. Luke Wroblewski schreibt dazu: „Designing for mobile means designing for this reality“. Er führt weiter aus, dass alles was zur Verbesserung der Leistung beigetragen werden kann, getan werden sollte.8 Teil des Konzepts ist, die Anzahl der zu downloadenen Dateien und der abgesendeten HTTP requests zu reduzieren.9

33,8% der Befragten gaben an, dass eine lange Ladezeit ein Grund für Unzufriedenheit beim mobilen Internetsurfen ist.10 Beim Konzept Mobile First wird davon ausgegangen, dass wenn eine Anwendung auf dem Smartphone schnell und flüssig läuft, auch bei der Anwendung auf dem Desktop Rechner sich die Geschwindigkeit erhöht.

Zeit und Raum

Wie der Name „Mobile Phone“ schon sagt sind Smartphones mobil anwendbar und werden von ihren Userinnen und Usern an unterschiedlichsten Plätzen, zu unterschiedlichsten Zeiten und unter den unterschiedlichsten Umständen verwendet.

Der Umstand, dass Userinnen und User ihre Devices nicht nur in ruhiger Umgebung zu den besten Bedingungen benutzen sollten auf jeden Fall bedacht werden. Unter Umständen wird das Smartphone nur mit einer Hand, also einem Daumen und auch nur nebenbei quasi mit einem Auge bedient.

Laut Googles „Mobile User Experience Strategy“ gibt es drei grundsätzliche Verhaltensgruppen

A. „Repetitive now“ – diese Userinnen und User rufen die gleiche Information immer wieder ab, wie zum Beispiel die Wetterdaten oder Aktienkurse.

B. „Bored now“ – diese Userinnen und User möchten sich die Zeit mit dem Smartphone vertreiben, zum Beispiel die Wartezeit am Bahnhof oder am Flughafen.

C. „Urgent now“ – diese Gruppe möchte schnell etwas Bestimmtes finden.11

Mobile Vorteile

Zu den diversen Einschränkungen die Mobile Devices aufweisen kommen jedoch auch einige Vorteile, wie die Vielzahl an Sensoren und technischen Features welche zur Standardausstattung geworden sind.

So geben 47% der Befragten in Österreich an, dass Fotografieren mit dem Smartphone eine Aktivität des täglichen Lebens ist und 75%, dass sie mit das Smartphone zum Fotografieren nutzen. 12 Ebenso geben 52% der Befragten an, ihr Smartphone zur Navigation und Routenplanung zu nutzen. 13

Touchdisplay

Der wohl offensichtlichste Unterschied zwischen Desktop Computer und Smartphone ist wohl die primäre Eingabe. Während an Desktop Computern und Laptops die Eingabe mit Tastatur und Maus Standard ist, basiert die Eingabe bei Smartphones und Tablets auf der Eingabe via Touchdisplay.

Die menschlichen Finger sind nicht die besten Eingabewerkzeuge. So fand eine Studie heraus, dass fast die Hälfte der Userinnen und User nicht absichtlich auf eine Anzeige tippt, sondern aus Versehen.14

Um für die Userinnen und User eine komfortable Eingabemöglichkeit zu ermöglichen, empfiehlt es sich an die Mindestgrößen wie zum Beispiel der Human Interface Guidelines von Apple zu halten.15 Hier wird eine Mindestgröße von 44×44 pt vorgegeben. Google empfiehlt eine Größe für Touchscreen-Objekte von 7–10mm. 16

Entwicklung

Das Buch „Mobile First“ von Luke Wroblewski ist im Jahr 2011 erschienen und wurde 2020 frei verfügbar ins Web gestellt. Da sich besonders Smartphones rasant weiterentwickeln haben sich einige Dinge in den letzten neun Jahren geändert. Die grundsätzliche Bedienung von Smartphones jedoch nicht.

Displaygröße

Die am Markt verfügbaren Smartphones wurden in den letzen Jahren immer größer.17 Dieser Umstand verändert mitunter auch die Usability von Websites und Apps. Eine Studie zeigte dass, 49% ihr Smartphone mit einer Hand halten und mit dem Daumen der gleichen Hand das Display zur Interaktion berühren. 36% halten das Gerät mit einer Hand und berühren das Display mit Fingern der anderen Hand und 15% benutzen das Device mit beiden Händen. Daraus ergibt sich das einige Positionen die weiter oben liegen schwieriger zur erreichen sind und mehr Anstrengung für die Nutzerinnen und Nutzer bei der Verwendung bedeuten.18

Mobilfunk schneller

Beim Konzept „Mobile First“ wurde die eingeschränkte Bandbreite bei Mobilfunknetzen als Einschränkung betrachtet. Da sich die Internetgeschwindigkeit laufend erhöht wird die Einschränkung weniger bedeutend. 19

Fazit

Auch wenn sich mobile Geräte verbessern, und die Bandbreite ständig steigt verändern sich Grundlegende Benutzungskonzepte von Smartphones nicht stark. Mobile First ist bestimmt kein Allheilmittel sondern nur ein Ansatz wie über Software- und Webentwicklung nachgedacht werden kann. Der beschriebene Grundansatz im Buch, welches 2011 erschienen ist, geht noch nicht auf Technologien wie Smartwatches, Audiosteuerung, Internet of Things und Virtual Assistants ein.


Quellen

  1. Mobile First, Luke Wroblewski, 2011
    http://mobile-first.abookapart.com/02-introduction ↩︎

  2. Mobile First, Luke Wroblewski, 2011
    http://mobile-first.abookapart.com/02-introduction/ ↩︎

  3. http://mobile-first.abookapart.com/03-chapter-1/ ↩︎

  4. Statista 2021, https://de.statista.com/statistik/daten/studie/300864/umfrage/handy-und-smartphonenutzer-in-oesterreich-nach-genutzten-funktionen ↩︎

  5. Statista 2021, https://de.statista.com/statistik/daten/studie/517600/umfrage/anteil-mobiler-einkaeufer-in-oesterreich ↩︎

  6. Statista 2020, https://de.statista.com/statistik/daten/studie/170413/umfrage/mobile-internetnutzung-in-europa/ ↩︎

  7. Statista 2021, https://de.statista.com/statistik/daten/studie/217457/umfrage/anteil-mobiler-endgeraete-an-allen-seitenaufrufen-weltweit/ ↩︎

  8. http://mobile-first.abookapart.com/04-chapter-2/ ↩︎

  9. http://mobile-first.abookapart.com/04-chapter-2/ ↩︎

  10. https://de-statista-com.ezproxy.fhstp.ac.at:2443/statistik/daten/studie/300909/umfrage/gruende-fuer-unzufriedenheit-beim-internetsurfen-auf-dem-handy-in-oesterreich/ ↩︎

  11. https://www.informationweek.com/mobile/google-lays-out-its-mobile-user-experience-strategy/d/d-id/1053921? ↩︎

  12. Statista 2018, https://de.statista.com/statistik/daten/studie/421857/umfrage/umfrage-in-oesterreich-zu-alltaeglichen-aktivitaeten-mit-dem-smartphone/ ↩︎

  13. Statista 2018, https://de.statista.com/statistik/daten/studie/588863/umfrage/nutzungshaeufigkeit-von-handy-und-smartphone-funktionen-in-oesterreich/ ↩︎

  14. https://gigaom.com/2011/01/27/419-pontiflex-about-half-of-mobile-app-clicks-are-accidental/ ↩︎

  15. https://developer.apple.com/design/human-interface-guidelines/accessibility/overview/user-interaction/ ↩︎

  16. https://support.google.com/accessibility/android/answer/7101858?hl=de ↩︎

  17. https://de.statista.com/statistik/daten/studie/882853/umfrage/absatz-von-smartphones-weltweit-nach-displaygroesse/ ↩︎

  18. https://www.smashingmagazine.com/2019/08/bottom-navigation-pattern-mobile-web-pages/ ↩︎

  19. https://de-statista-com.ezproxy.fhstp.ac.at:2443/statistik/daten/studie/483326/umfrage/durchschnittliche-mobilfunkinternetgeschwindigkeit-in-regionen-weltweit/ ↩︎

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