Agiles Arbeiten
Von Mario Zeller am 19.11.2020
Photo by Daria Nepriakhina on Unsplash
Die Begeisterung hinter Scrum, Kanban und einem agilen Mindset
Letzte Woche durfte ich an einem Agile Fundamentals Training teilnehmen, das von Nagarro, meinem Arbeitgeber, online veranstaltet wurde. Ich darf mich nun offiziell ICAgile Certified Professional nennen. Dies möchte ich zum Anlass nehmen, euch meine Überzeugung zur Agilität in diesem Artikel kurz darzulegen.
Mittlerweile ist klar, dass agiles Arbeiten weit über die Grenzen von Softwareprojekten hinausgeht. Einerseits weiß man, dass Agilität das ganze Bild eines Unternehmens auszeichnen sollte, um wirklich wirksam zu sein. Andererseits infiziert das Agil-Fieber weit nicht mehr lediglich die IT-Branche.
Banken veranstalten große Agile Coachings, um ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf die moderne Arbeitsweise aufmerksam zu machen. Ob die Führungsriegen dieser Unternehmen ebenfalls nach agilem Konzept handeln, ist wieder eine ganz andere Frage. Aber optimistisch gesehen kann ein kleiner Funke viel Veränderung auslösen.
In einigen Studiengängen sind die Grundlagen agilen Projektmanagements auch schon angekommen. So durften wir im Bachelorstudiengang Medientechnik Scrum kennenlernen und erhielten im Masterstudiengang Interactive Technologies einen generellen Überblick über agile Methoden.
Wie alles begann
Das Agile Manifest im Jahre 2001 und der Scrum Guide befinden sich nicht am Anfang, sondern mitten in einer langen Entstehungsgeschichte von agilen Methoden. Kanban ist eine vergleichsweise alte Methode, die interessanterweise in einem Motorenwerk von Toyota 1947 und nicht wie Scrum in der Softwareentwicklung entstand. Mit zahlreichen Auftritten der Erfinder und Vertreter bei Konferenzen und diversen Veröffentlichungen wurde die Begeisterung in die Welt hinausgetragen. Durch den Erfolg in der Informationstechnologie bestärkt, verbreiteten sich die Modelle in alle Branchen.
Die Geschichte der agilen Methoden endet damit aber nicht. Der Scrum Guide beispielsweise wird laufend geupdatet und von zahlreichen Experten des Projektmanagements erweitert. Zuletzt wurde erst am Tag der Entstehung dieses Artikels, dem 18. November 2020, eine neue Version veröffentlicht.
Die Überzeugung – Spread The Word!
Für mich persönlich macht die Verbesserung und Erleichterung der Zusammenarbeit im Team die große Begeisterung an agilen Methoden aus. Die Arbeitsweise wird durch die Einführung agiler Methoden per se effizienter und demokratischer. Die Arbeit wird besser verteilt. Es hängt nicht mehr alles von einem langsamen Kollegen ab. Der Arbeitsaufwand bleibt über das Projekt konstant. Es gibt weniger Abgabestress. Fehler können früh erkannt und dadurch einfacher und günstiger ausgebessert werden. Informationen werden besser verteilt und fallen nicht unter den Tisch. Durch regelmäßige Retrospektiven und ein agiles Mindset verbessert sich das Team im Laufe eines jeden Projekts und beseitigt Kommunikationsfehler in einem frühen Stadium.
Ein Projekt muss nicht mehr scheitern, nur weil das Team mit falschen Erwartungen herangetreten ist. Ein Projekt muss nicht mehr scheitern, nur weil der Kunde sich das Produkt nicht vorstellen kann. Ein Projekt muss nicht mehr scheitern, nur weil der Arbeitsaufwand falsch eingeschätzt wurde. Ein Projekt muss nicht mehr scheitern, weil das Team unerfahren ist und nicht aus seinen Fehlern lernen konnte.
Sind wir mal ehrlich, ein Artikel dieser Länge kann keine Grundlage für einen fundierten Einstieg ins agile Arbeiten sein, wenn selbst in einem viertätigen Workshop, wie ich ihn letztens besuchen durfte, Abstriche gemacht werden mussten. Wer nun interessiert ist und sich weiter in dem Thema vertiefen möchte, dem kann ich nur empfehlen, mit dem Scrum Guide auf scrum.org zu beginnen und die zwölf Prinzipien des agilen Manifests zu verinnerlichen. Auch die Geschichte von Kanban ist recht interessant und bringt einem schon gewisse Grundlagen des agilen Arbeitens bei. Im Internet kursieren einige Erfahrungsberichte.
Schließlich sehe ich es ähnlich wie bei der Rhetorik: Übung macht den Meister. Daher ist ein Workshop mit vielen „Hands On“-Tasks empfehlenswert. Die Trainingseinheiten sind allerdings sehr wertvoll und deswegen meistens nicht kostenlos. Wer sich dies verständlicherweise vielleicht nicht leisten kann, und trotzdem interessiert ist, sei beruhigt: die Grundlage, worauf all diese Trainings basieren, der Scrum Guide und das Agile Manifest, sind kostenlos einsehbar, viele Erfahrungsberichte auch. Eine Möglichkeit ist auch, es anhand eines Projektes selbst auszuprobieren. Mit ein bisschen mehr Zeit, einem aufgeschlossenen Geist, Kollegen, Freunden, Mentoren, die damit schon Erfahrung hatten und den Online-Ressourcen lassen sich bestimmt viele der Methoden schon grundlegend verinnerlichen.
Das Wichtigste ist aber eigentlich, einmal von der Arbeitsweise überzeugt, dass man diese Begeisterung nicht für sich behält. Spread The Word! Denn leider sieht nicht ein jeder vom ersten Blick an, wie erfolgreich Agilität ist und wendet sich deshalb oft erstmal davon ab. Die genauen Regeln und der zunächst höhere Zeitaufwand lassen Unerfahrene vorerst abschrecken. Doch die große Anzahl erfolgreicher Projekte und Unternehmen liefern den Beweis: Agile Methoden tun nicht nur dem Projektklima gut, sondern sind auch wirtschaftlich und schlichtweg erfolgreich. Und gerade deswegen sollten wir gemeinsam diesen vorsichtigen Interessenten zeigen, warum agiles Arbeiten so erfolgreich ist, und damit zu einer erfolgreicheren Arbeitsweise verhelfen.
Denn egal, ob man sich an genaue Regeln hält, Stichwort Unveränderlichkeit wie bei Scrum, oder doch eher die simple Prozessoptimierung von Kanban nutzt, die sich an nur wenigen Ritualen orientiert, bedeutet agiles Arbeiten grundlegend, nicht träge zu sein, Neues auszuprobieren und sich damit an gegebene Umstände schnell anzupassen. Dass das einem Projekt oder einem Unternehmen schaden könnte, redet sich heutzutage nur noch selten jemand ein.
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