Android 4.4 KitKat – Weniger Android, mehr Google
Von Francesco Novy am 10.11.2013
Vor kurzem stellte Google gemeinsam mit dem neuen Nexus 5 auch die neueste Android Version 4.4 alias KitKat vor. Das 5 Jahre alte mobile Betriebssystem von Google, welches mittlerweile laut manchen Schätzungen über 80% der verkauften Smartphones betreibt, hat in seiner Lebenszeit eine große Anzahl an Änderungen und Revisionen erlebt. Wie alle Technologieprodukte gab es stets diverse Kritikpunkte an Android: Diese reichten vom User Interface über die Performance und App-Auswahl bis hin zur viel diskutierten Fragmentierung.
Während manche dieser Probleme heutzutage kaum mehr Validität haben (das User Interface beispielsweise braucht sich spätestens seit Android 4.0 nicht mehr hinter iOS zu verstecken und die App-Auswahl ist mittlerweile auch bei Android so breit, dass es alles gibt, was das Herz begehrt), blieben die Aspekte der Performance und der Fragmentierung stets aktuell. Mit Android KitKat möchte Google sie jedoch endgültig beseitigen.
Die größten Probleme von Android
Die Performance von Android Geräten war stets sehr unterschiedlich, so gibt es Geräte, welche flüssig und gut zu bedienen sind, aber auch viele (vor allem, aber nicht nur) günstigere Geräte, welche unter langsamer Hardware oder exzessiven Android-Skins leiden. Unter Fragmentierung versteht man das Problem, dass zu jedem Zeitpunkt eine große Anzahl an Geräten auf veralteten Android-Versionen läuft. Während innerhalb nur einer Woche fast 60% aller iOS Geräte auf iOS7 upgedatet wurden, verwenden noch unglaubliche 28% aller Android-Devices Android 2.3 oder älter, welches beinahe 3 Jahre alt ist. Nur unter 3% aller Geräte laufen auf Android 4.3, welches vor rund 3 Monaten veröffentlicht wurde.
Bessere Performance mit “Project Svelte”
Zu einem gewissen Teil hängen diese beiden Probleme natürlich zusammen: Viele vor allem ältere Geräte, die mit schwacher und günstiger Hardware ausgestattet sind, haben schlichtweg nicht die nötige Leistung, um Android 4.3 zufriedenstellend zu betreiben. Dem versucht Google nun, mit dem neuesten Release 4.4 entgegenzusteuern: “Project Svelte” soll dafür sorgen, dass Android auch auf Geräten mit schwächerer Hardware passabel laufen soll. So benötigen Geräte nur 512MB RAM, um Android KitKat verwenden zu können. Auch wurde die Größe des Betriebssystems und der mitgelieferten Apps reduziert, um Geräten mit wenig Speicherplatz zu unterstützen, sowie das Memory Management verbessert. Developer können jetzt einen “Low Memory Mode” implementieren, wenn ein Gerät mit schlechterer Hardware entdeckt wird, und so zum Beispiel über die Reduktion grafischer Effekte die Performance auf diesen Devices verbessern.
Google vs. Fragmentierung
Das Problem der Fragmentierung wurde von Google schon seit 4.3 angegangen und in 4.4 verstärkt angegriffen: Dabei vollzog Google in der letzten Zeit einen Strategiewechsel weg von reinem Android hin zu mehr Google. So sind zahlreiche Aspekte des Betriebssystems nun in eigenständige Apps ausgelagert worden. Beispielsweise wurde die ehemalige SMS-App durch Google Hangouts ersetzt, welches Google-Chat und SMS in einer App kombiniert. Google Chrome ist schon seit 4.3 als Standardbrowser eingestellt. Mittlerweile gibt es für den Großteil der Standard-Android-Apps Google-Gegenstücke, welche funktional und designtechnisch weit voraus sind.
All die Google-spezifischen Apps sind natürlich im Gegensatz zu den Standard-AOSP (“Android Open Source Project”) Apps nicht Open Source. Ähnliches wie für die Suche gilt beispielsweise auch für die Standardtastatur vs. Google Keyboard oder Kalender vs. Google Calendar.
Man sieht also, es gibt einen gewissen Einschlag von Closed Source in das freie Android. Und während das natürlich potentielle Probleme mit sich ziehen kann, hat es doch auch einen ganz essentiellen Vorteil: Standard-Apps, die Teil von Android sind, können nur durch ein Komplett-Update auf eine neue Android Version aktualisiert werden. Die neuen Google Apps hingegen, die auch im Play Store zu finden sind, können völlig unabhängig voneinander jederzeit aktualisiert werden. Das heißt, dass auch ein jahrealtes Gerät mit Android 2.3 die neueste Calendar Version nutzen kann: Ein gezielter Gegenschlag gegen den Unwillen der Gerätehersteller, ihre alten Geräte am neuesten Stand zu halten.
Android verlässt also – zumindest teilweise – seine Open Source Wurzeln, um Millionen Kunden entgegen zu kommen, die auf veralteten Versionen festsitzen: Ein Tausch, der wahrscheinlich den meisten durchaus recht ist. Und während es immer Leute geben wird, die sich an der reduzierten “Offenheit” von Android stören – sei es aus ideellen Gründen oder weil sie selbst Android anpassen wollten – so denke ich doch, dass mit diesem Coup Google die wahrscheinlich beste Lösung für die Fragmentierungsproblematik gelungen ist. Und dass dadurch nebenbei das potentielle Abspalten einer eigenen Android-Version, wie es z.B. Amazon für seine Kindle-Tablets gemacht hat, erschwert wird, wird Google wohl auch nicht unrecht sein.
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