App-Entwicklung wie sie sein sollte

App-Entwicklung wie sie sein sollte

Von am 30.07.2012

Ich entwickle derzeit mit einer kleinen Gruppe privat eine mobile App, ohne einen Auftrag gebenden Kunden, nur zum Spaß. Es gibt zwar viele Theorien darüber, wie das Entwickeln von Apps ablaufen soll um damit Erfolg zu haben, aber leider hindert einen als Entwickler oft der Kunde daran, Dinge „richtig“ anzugehen. Es gibt Kunden, die haben eine fixe Vorstellung von ihrer App, die aber leider komplett an der Vorstellung der Nutzer vorbeigeht. Dann kommt es vor, dass man dem Kunden klipp und klar sagt, was besser zu tun wäre und wie man erfolgreicher sein könnte. Ich habe bis jetzt die Erfahrung gemacht: manche lassen sich teilweise belehren, viele wollen aber nichts hören was ihre Idee in irgendeiner Weise angreift oder ändert.

Nun habe ich mich an einen Vortrag von Ivo Wessel auf der Mobile Developer Conference 2011 mit dem Namen: „App-Entwicklung in der Praxis“ erinnert. Praktisch läuft es leider selten so, darum würde ich eher sagen: „App-Entwicklung wie sie sein sollte“.

 

1. Recherche

Bei dem privaten Projekt versuche ich nun bewusst zu hinterfragen und zu überdenken, was sonst oft kundengegeben und unveränderbar ist. Zum Beispiel: Macht das wirklich Sinn in einer mobilen App? Laut Ivo Wessel berücksichtigen erfolgreiche Apps die fünf großen Ws: Wer? Was? Wann? Wo? Warum? Also geht es erst einmal an die Recherche, bevor die App konzipiert und designet wird. Wer sind meine mobilen User und wann und warum sollten sie die App verwenden? Hier unterscheidet Wessel zwischen drei Arten von Usern: „I’m microtasking“, „I’m local“ und „I’m bored“. Diese Arten mobiler User können aber nicht genauso für Tablets übernommen werden, hier verhalten sich User wieder anders und sollten daher auch anders bedient werden.
Bei der Recherche muss man sich im Klaren werden über Zielgruppe, Bedürfnisse, Nutzen, Feedback und Updates. Erfolgreiche Apps müssen diese Fragen beantworten und ganz klar einen Nutzen haben. Dabei liegt die Betonung auf EINEN. Eine App ist kein Schweizer Taschenmesser, und die eierlegende Wollmilchsau wird keinen User restlos zufriedenstellen können.

 

2. Konzeption

Nun kann mit der Konzeption begonnen werden. Beliebte Fehler sind, dass Raum für Erweiterungen gelassen werden (die dann vielleicht nicht kommen) und Apps zu früh oder zu spät publiziert werden. Hier hat man in der Praxis oft nicht wirklich eine Wahl. Wenn eine App zu diesem Zeitpunkt oder dem Event einfach fertig sein MUSS, weil der Kunde es so will. Kunden, die eine App entwickeln lassen, sollten sich aber darüber im Klaren sein, dass halbfertige Apps, die (vielleicht) noch erweitert werden und dann auch noch was kosten, nicht gut ankommen und die negativen Bewertungen einen größeren Schaden verursachen können als spätere Veröffentlichung.
Weiters muss natürlich immer der Unterschied zwischen Apps und Webseiten und nativen und Webapps bedacht werden. Hier gibt es nicht immer ein richtig oder falsch, die Wahl zwischen Web- und nativer App hängt von vielen Faktoren ab, die auch schon in anderen Blogbeiträgen behandelt wurden.
Wie erfolgreich die App ist und wie gut eine Wahl war lässt sich leider erst nachher wirklich sagen. Zur Messung der Güte kann man die Verweildauer betrachten, denn User die nicht finden was sie suchen drücken gleich wieder den Back-Button. Einige allgemeine Regeln, die man für die Konzeption kennen sollte sind:
– Miller’sche Zahl: 7. Der Mensch kann sich kurzfristig nur ungefähr 7 Informationseinheiten merken. Das ist vor allem bei der Anzahl der Menüpunkte zu beachten.
– Hick’s Law: Die Zeit die man braucht eine Entscheidung zu treffen, hängt von der Anzahl der Möglichkeiten ab.
Diese Regeln kommen vor allem beim Aufbau der Menüs und der Seitenhierarchie zum Einsatz.
Generelle Modelle die bei der App-Entwicklung zum Einsatz kommen sollten:
– Mental Model (was der Benutzer denkt)
– UI Model (Was der Benutzer sieht)
– Implementation Model (was der Programmierer tut)
Was Features angeht: „weniger ist mehr“. Eine App sollte einen bestimmten und klar ersichtlichen Nutzen haben.

 

3. Gestaltung

Phasen 3 und 4 der „App-Entwicklung in der Praxis“ sind Gestaltung und Programmierung. Prinzipiell ist bei der Gestaltung wichtig, sich bekannten Konzepten zu bedienen und bekannte iPhone-Elemente bei iPhone-Apps zu verwenden. Das erleichtert nicht nur Designern und Programmierern die Arbeit, sondern hilft auch den Usern sich zurecht zu finden. Aus Sicht des Users immer den Spruch „Don’t make me think“ bedenken.

 

4. Umsetzung

Die Umsetzung ist dem Programmierer selbst überlassen und hängt natürlich von der gewählten Plattform ab.

 

5. Marketing

Beim Marketing gibt es nun wieder ein paar Besonderheiten in App Store, Google Play, etc. Apps brauchen Icons, Titel, Beschreibung, Preis, Kategorie, wobei beim Titel auf die Länge bzw. Kürze zu achten ist, da er sonst abgeschnitten angezeigt wird.
Sonst Unterscheidet sich Marketing einer App nicht besonders von anderem Marketing. Apps sollten auf einer eigenen Webseite beworben werden und natürlich eine Facebook Page haben. Beworben kann natürlich überall werden, wobei in Sachen Werbung wieder die Zielgruppe zu beachten ist und es bei Apps Sinn machen kann Werbung in anderen Apps zu schalten.
Es kann auch Werbung aus der bereits verkauften App heraus gemacht werden indem man beispielsweise die Möglichkeit zu Bewertung/Rezension gibt, Feedback-/Fehler-Funktion und „Tell a friend“-Funktionen verwendet.
Auch noch zu beachten ist die Größe einer App, wobei schon in der Umsetzung darauf geachtet werden sollte. Apps über 20MB können im AppStore nämlich nur über WLAN geladen werden. Wenn eine App also nur oder hauptsächlich unterwegs Sinn macht, kann die Größe über Erfolg oder Misserfolg entscheiden.

Wenn man nun volle Kontrolle über die Entwicklung einer App hat sind diese Punkte hilfreich und praktisch einsetzbar. Bei der Arbeit mit sturen Kunden kann man nur versuchen kompetent aufzutreten und so dem Kunden eventuell die eine oder andere bessere Möglichkeit aufzuzeigen.
Mein Fazit: Wer das Glück hat Einfluss auf alle Phasen der Entwicklung nehmen zu können sollte diese Tipps zur Praxis machen. Im anderen Fall sollte man versuchen dem Kunden auch um seinetwillen zu überzeugen Recherche zu machen und Regeln zur Konzeption zu beachten.

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