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SOTA – Gamification im Gesundheitswesen: Designprinzipien und Langzeitwirkungen in mHealth-Anwendungen

Von am 21.12.2023

Um das Gesundheitsverhalten zu verbessern, setzen mHealth-Apps vermehrt auf Gamification, die Integration von Spielelementen zur Steigerung von Spaß und Engagement. Hierbei bezieht sich mHealth auf Gesundheitsanwendungen auf mobilen Geräten. In dieser Arbeit werden die Designprinzipien für die Gamification in mHealth-Anwendungen untersucht, wobei zentrale Elemente wie Abzeichen, Ranglisten, Punktesysteme, Challenges und soziale Interaktion beleuchtet werden. Die Wirkung von Gamification zeigt positive Ergebnisse, allerdings sind Langzeitnutzung und individuelle Unterschiede zu berücksichtigen. Die Arbeit betont die Bedeutung von kontextabhängigen Anpassungen und individualisierten Ansätzen, um langfristiges Engagement und positive Veränderungen im Gesundheitsverhalten zu fördern.

1 EINLEITUNG

Die Gesundheit der Bevölkerung steht vor Herausforderungen, insbesondere im Hinblick auf Ernährungsgewohnheiten und Übergewicht. Gemäß Selbstangaben aus den Jahren 2019/2020 konsumieren nur 35 % der Erwachsenen in Deutschland täglich Obst und Gemüse. Gleichzeitig zeigt sich, dass ein erheblicher Anteil von Frauen (47 %) und Männern (60 %) an Übergewicht leidet [1]. Viele Menschen scheitern aufgrund mangelnder Motivation daran, gesundheitsfördernde Maßnahmen kontinuierlich durchzuführen. Hier setzen mHealth-Apps an, die das Ziel haben, die Gesundheit der Benutzer*innen zu verbessern. mHealth, kurz für mobile Gesundheit, bezieht sich auf Anwendungen auf mobilen Geräten wie Smartphones, Tablets und Wearables, Geräte, die am Körper getragen werden. Gamification, die Integration von Spielelementen zur Steigerung von Spaß und Engagement, erweist sich als wirksames Werkzeug, um Nutzer*innen zu motivieren und positive Gesundheitsverhaltensänderungen zu fördern. Die zunehmende Verbreitung und Weiterentwicklung mobiler Technologien befördert die Gamification als potenzielle Lösung für Gesundheitsprobleme und steigert die Effektivität digitaler Gesundheitsinterventionen [2].
Die Verbreitung von Gesundheitsanwendungen unterstreicht die Bedeutung dieses Sektors. Laut einer Umfrage aus dem Jahr 2022 nutzen 19 % der Befragten in Deutschland ein oder mehrmals pro Woche solche Anwendungen [3]. Diese Anwendungen decken eine breite Palette von Bereichen ab, darunter Meditation, Ernährung, Stress, Fitness, Diabetes, Schlaf, Wellness und Gewichtsverlust.
Bis 2028 wird der weltweite Umsatz im Bereich mHealth voraussichtlich etwa 410,4 Milliarden US-Dollar erreichen [4]. Obwohl der Umsatz allein keine direkten Schlüsse auf positive Gesundheitsergebnisse zulässt, verdeutlicht die weitverbreitete Nutzung von mHealth-Apps, besonders solcher mit Gamification, die Bedeutung eines fundierten Verständnisses dieser Methoden.

2 GAMIFICATION-DESIGNPRINZIPIEN

Gamification umfasst den Prozess, bei dem Designelemente aus dem Bereich des Game-Designs außerhalb traditioneller Spielumgebungen integriert werden, um eine spielerische Erfahrung zu erzeugen. Es handelt sich um einen methodischen Ansatz, bei dem Spielmechaniken und -elemente gezielt eingesetzt werden, um bestimmte Verhaltensweisen zu motivieren oder bestimmte Ziele zu erreichen [5].
Miller et al. [6] betonen die Bedeutung einer detaillierten Kenntnis dieser Mechanismen. Die zugehörigen Design- und Entwicklungsüberlegungen, veranschaulicht durch Beispiele aus dem Gesundheitsbereich, sind entscheidend für eine effektive Entwicklung von gamifizierten mHealth-Anwendungen.

2.1 Abzeichen

Abzeichen, Errungenschaften, Trophäen und ähnliche Konzepte dienen dazu, individuelle Erfolge zu identifizieren und zu belohnen. Es existieren zwei Hauptarten von Abzeichen. Absolute Abzeichen werden durch das Erreichen vordefinierter Meilensteine oder Leistungsbenchmarks erworben. Relative Abzeichen hingegen können sich Nutzer*innen im Vergleich zu den Leistungen der anderen Mitstreiter*innen verdienen. Diese werden für spezifische, oft anspruchsvolle Ziele vergeben, die nicht von allen erreicht werden können [7].
Gemäß Zichermann und Cunningham [8] sollten Abzeichen sorgfältig und zielgerichtet eingesetzt werden. Es ist wichtig, dass sie nicht übermäßig gratulieren oder routinemäßige Aufgaben belohnen. Die Vergabe von Abzeichen sollte für den*die Nutzer*in eine Bedeutung haben und bewusst sowie antizipierend erfolgen, anstatt zufällig und ohne klaren Grund. In Gesundheitsanwendungen sollten Benutzer*innen demnach nicht für schlechtes Verhalten oder das Nichterreichen von Zielen belohnt werden. Abzeichen sollten vielmehr sorgfältig auf die Ziele der Anwendung abgestimmt sein. In der Lauf-App Adidas Running [9] besteht beispielsweise die Möglichkeit, durch bestimmte Aktivitäten Rekorde aufzustellen und Abzeichen zu erhalten. Ebenso kann man durch die Teilnahme an Herausforderungen wie „1 Monat, 30 Kilometer“ sogenannte Badges verdienen. Die Fitness-App Strava [10] setzt ebenfalls auf Auszeichnungen, wobei Medaillen für schnelle Fahrtzeiten auf bestimmten Streckenabschnitten, wie zum Beispiel dem Bergsprint, vergeben werden.

2.2 Ranglisten

Bestenlisten bewerten dynamisch den individuellen Fortschritt und die Errungenschaften im Vergleich zu anderen. Sie zeigen Nutzer*innen ihre Position relativ zu anderen an und vermitteln ihnen ein Gefühl dafür, wie gut sie die Anwendung im Vergleich zu ihren Mitnutzenden nutzen [11]. Dabei können Benutzer*innen ihre Position im Kontext ihrer lokalen und globalen Netzwerke sehen und zwischen verschiedenen Filtern wechseln, um ihren Fortschritt genauer zu betrachten [6].
RunKeeper [12], eine Fitnessmanager-App mit GPS-Unterstützung, verwendet beispielsweise eine einfache, aber ansprechende Rangliste, die monatlich aktualisiert wird und befreundete Personen nach abgeschlossenen Aktivitäten sortiert. Die Position wird durch eine Zahl und eine Farbskala dargestellt, die dem*der Nutzer*in visuellen Kontext zu seinem Aktivitätsniveau bietet. Verschiedene Symbole, wie eine Schleife oder ein Sofa, werden verwendet, um die relative Aktivität oder Inaktivität der Benutzer*innen humorvoll zu kennzeichnen [6].

2.3 Punkte-, Levelsysteme und Fortschrittsbalken

In mHealth-Apps können fünf verschiedene Punktesysteme verwendet werden, um die Grundlage für die Benutzer*innenerfahrung zu schaffen. Die Wahl des geeigneten Systems hängt von den Zielen der App ab. Die wichtigsten Punktesysteme für mHealth-Apps sind [8]:

  • Erfahrungspunkte: Diese dienen dazu, das Gesundheitsverhalten zu beobachten, zu bewerten und zu lenken. Sie können nicht eingelöst werden, sondern steigen kontinuierlich an und dienen langfristig der Lenkung des Benutzer*innenverhaltens. Das System könnte beispielsweise in regelmäßigen Abständen Erfahrungspunkte vergeben oder verfallen lassen, um langfristige Motivation und Engagement zu fördern.
  • Einlösbare Punkte: Einlösbare Punkte werden üblicherweise im System für Belohnungen oder Rabatte eingelöst. Diese bilden oft die Grundlage einer virtuellen Wirtschaft und könnten in mHealth-Apps für gesundheitsfördernde Aktivitäten eingelöst werden.
  • Fähigkeitspunkte: Sie werden bestimmten Aktivitäten zugeordnet und ermöglichen es den Nutzenden, Erfahrung und Belohnungen für zusätzliche Aufgaben zu erhalten. Diese könnten den Fortschritt in der Entwicklung gesundheitsfördernder Fähigkeiten widerspiegeln, zum Beispiel in Bezug auf Fitnesstraining oder gesunde Ernährung.
  • Karma-Punkte: Karma-Punkte werden vergeben, um altruistisches Verhalten zu fördern. Sie werden beispielsweise für soziale Interaktionen, regelmäßiges Einchecken oder gegenseitige Unterstützung in Communities vergeben.
  • Rufpunkte: Diese Punkte bilden das komplexeste Punktesystem und werden benötigt, wenn Vertrauen zwischen den Teilnehmenden wichtig ist. Sie könnten den Ruf der betreffenden Person in der mHealth-Community widerspiegeln.

Punkte- und Levelsysteme in Gesundheits-Apps zeigen den Benutzer*innen ihr Erfahrungsniveau, belohnen kontinuierliche Nutzung und fördern soziale Interaktion. Der schnelle Erwerb des ersten Levels, gefolgt von zunehmend anspruchsvolleren Stufen, spiegelt den Ansatz wider, anfängliche gesundheitsfördernde Verhaltensänderungen zu erleichtern und mit der Zeit herausforderndere Ziele zu setzen. Fortschrittsbalken visualisieren den Punktestand, motivieren zur fortgesetzten Nutzung und betonen den Beitrag der Nutzenden zur eigenen Gesundheit [6].

2.4 Challenges und Quests

Durch kontinuierliche Herausforderungen, die auch als Challenges bezeichnet werden, sowie durch Abenteuer, auch als Quests bekannt, können Benutzer*innen dazu motiviert werden, eHealth-Anwendungen fortlaufend zu nutzen. Dies geschieht insbesondere dann, wenn diese Herausforderungen ihr Verständnis der Anwendungsziele bestätigen. Es wird empfohlen, dass Herausforderungen für die Benutzer*innen flexibel gestaltet und leicht zugänglich sind. Dies erfüllt gleichzeitig eine erzieherische Funktion, indem sie den Benutzer*innen dabei helfen, die Anwendung effektiv zu nutzen. Unterschiedliche Herausforderungen für verschiedene Erfahrungsstufen sind wichtig und in der Regel erfolgreicher, da sie sicherstellen, dass Nutzer*innen entsprechend ihrem Kenntnisstand und ihrer Fähigkeit angemessene Aufgaben bewältigen können. Dies fördert eine stufenweise Steigerung der Schwierigkeit, optimiert
die Nutzungserfahrung und erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass die Nutzer*innen motiviert bleiben und sich kontinuierlich weiterentwickeln [8].
Ein Beispiel in diesem Kontext ist die Diabetesmanagement-Anwendung mySugr [13]. Hier können Benutzer*innen Punkte sammeln, indem sie Aufgaben wie das Fotografieren ihrer Mahlzeiten und
das Eingeben von Blutzucker- und Stimmungsdaten abschließen. Das Abschließen täglicher Herausforderungen trägt dazu bei, das mySugr-Diabetes-Monster zu zähmen und bietet effektives Feedback über die Schritte im Diabetesmanagement der Nutzer*innen. Diese Gamification-Elemente fördern die kontinuierliche Nutzung und aktive Teilnahme an der Gesundheitspflege [6].

2.5 Soziale Interaktion und Onboarding

Die Integration von Social-Media-Plattformen in Gesundheits-Apps ermöglicht den Austausch von Gesundheitsdaten und fördert die Interaktion der Benutzer*innen in der Gemeinschaft. Durch diese Interaktion können Nutzer*innen Erfolge teilen und Verbindungen aufbauen, was die Motivation und langfristige Benutzer*innenbindung steigert. Ebenso spielen Onboarding-Maßnahmen, insbesondere gamifizierte Anleitungen, eine entscheidende Rolle in den ersten Minuten der App-Nutzung und beeinflussen maßgeblich die langfristige Bindung. Durch die erfolgreiche Anwendung dieser Konzepte könnten Nutzer*innen ermutigt werden, ihre Erfolge in sozialen Medien zu teilen und individuelle Herausforderungen zu erstellen, um ihr persönliches Netzwerk einzubeziehen und die Interaktion aufrechtzuerhalten. In einer Fitness-App könnten beispielsweise Funktionen integriert werden, die es den Nutzer*innen ermöglichen, ihre Facebook-, WhatsApp- oder E-Mail-Kontakte hinzuzufügen. Nutzer*innen könnten Fitness-Herausforderungen an befreundete Personen senden, von ihnen erhalten und deren Fortschritt in persönlichen Leaderboards vergleichen. Darüber hinaus könnte die Implementierung eines Feeds dazu führen, dass Nutzer*innen ihre Fortschritte teilen und einen gemeinschaftlichen Austausch fördern [6].

3 GAMIFICATION AM BEISPIEL DER FITBIT-APP

Fitbit [14] ist ein Hersteller von Fitness-Trackern und Smartwatches. Die erfassten Gesundheits- und Aktivitätsdaten können über eine begleitende App eingesehen werden. Im September 2022 führte die Fitbit-Appweltweit den Umsatz unter den Fitness- und Gesundheits- Apps im Google Play Store an, gefolgt von Strava und anderen Anwendungen, darunter Fitness-, Menstruations- und Meditations-Apps [15]. Fitbit überzeugt nicht nur finanziell, sondern motiviert auch durch geschickte Gamification-Integration Menschen zu einem aktiveren Lebensstil.
Die Fitbit-App beinhaltet verschiedene Gamification-Elemente. Darunter lassen sich die folgenden identifizieren [16].

  • Challenges: Die App bietet verschiedene Herausforderungen wie „Get Fit Bingo“ und „All for One“, bei denen Nutzer*innen Badges und Punkte verdienen. Diese virtuellen Herausforderungen fördern
    den Wettbewerb und soziale Interaktion. Die Möglichkeit, gegen andere zu konkurrieren, Belohnungen zu erhalten und in Ranglisten aufzusteigen, erhöht die Motivation erheblich.
  • Solo-Abenteuer: Nutzer*innen können virtuell durch verschiedene Strecken laufen und dabei Meilensteine erreichen, um Belohnungen zu erhalten. Die Verbindung von physischen Herausforderungen mit virtuellen Erlebnissen führt zu einer besonders motivierenden Erfahrung.
  • Wettkämpfe: Multiplayer-Rennen, bei denen bis zu 30 Personen gegeneinander antreten, um virtuelle Strecken abzuschließen. Die soziale Interaktion, die Möglichkeit, sich gegenseitig Nachrichten zu senden und die Rennatmosphäre steigern die Motivation.
  • Belohnungen und Badges: Nutzer*innen erhalten Badges, Punkte und virtuelle Auszeichnungen für ihre Erfolge und Fortschritte. Die psychologische Belohnung durch visuelle Auszeichnungen stärkt das positive Verhalten und fördert die Kontinuität.
  • Anreize und Boni: Die App implementiert Boni als kleine Anreize, um die Motivation zur Bewegung zu steigern. Dadurch sollen die Nutzer*innen dazu ermutigt werden, ihre Fitnessziele zu erreichen. Die Kombination von Wettbewerb, sozialer Interaktion, physischen Aktivitäten und virtuellen Erlebnissen hat Fitbit geholfen, eine engagierte Gemeinschaft zu schaffen und Menschen dazu zu inspirieren, aktiver zu sein.

Die Kombination von Wettbewerb, sozialer Interaktion, physischen Aktivitäten und virtuellen Erlebnissen hat Fitbit geholfen, eine engagierte Gemeinschaft zu schaffen und Menschen dazu zu inspirieren, aktiver zu sein.

4 WIRKUNG UND HERAUSFORDERUNGEN

Die University of Cape Town führte eine Studie mit Studierenden durch, um die Auswirkungen von Gamification in mHealth- Anwendungen auf das Gesundheitsverhalten zu untersuchen. Die Ergebnisse zeigen, dass Gamification-Elemente, insbesondere Abzeichen und Punktesysteme, einen positiven Einfluss auf die Veränderung von Gesundheitsgewohnheiten haben [2].
Eine andere Untersuchung, die einen Überblick über 50 Studien zur empirischen Forschung zu Gamification-Interventionen im Bereich körperlicher Aktivität bietet, betont die Wirksamkeit dieser Maßnahmen und die mögliche Effektivität einer Kombination verschiedener Spielelemente [17].
Die Anwendung von Gamification zeigt auch in der psychischen Gesundheitspflege von Kindern und Jugendlichen Potenzial, besonders bei der Bewältigung von Stimmungs- und Angstsymptomen. Dies könnte in mHealth-Apps für junge Betroffene integriert werden, um Therapieansätze spielerischer und ansprechender zu gestalten [18]. Es ist jedoch zu beachten, dass weitere Forschung mit größeren Stichproben erforderlich ist, um die statistische Signifikanz genauer zu bestimmen.
Der erfolgreiche Einsatz von Gamification hängt stark vom Kontext ab, in dem die Gamification implementiert wird, sowie von den persönlichen Eigenschaften der Benutzer*innen, die sie verwenden [19]. Eine systematische Literaturübersicht ergab, dass gamifizierte Gesundheitsinterventionen und die Erforschung von ihnen, am besten durch ein umfassendes Verständnis der kontextuellen Faktoren verbessert werden könnten. Demnach ist die Analyse des Kontexts entscheidend, um effiziente Gamification in verschiedenen Aspekten des Gesundheitswesens zu verstehen [20].
Verschiedene Nutzungsgruppen könnten Gamification unterschiedlich erleben. In einer Studie zur Gamification im Kontext von körperlicher Betätigung wurden die demografischen Unterschiede in den wahrgenommenen Vorteilen der Gamification untersucht. Die Daten basierten auf einer Umfrage mit 195 Personen, die die Fitocracy App [21] nutzen, eine Anwendung, die sich auf die Gamification von körperlicher Betätigung konzentriert. Die Studie ergab, dass Frauen offenbar eine höhere Wertschätzung für die sozialen Aspekte der Gamification zeigen als Männer, insbesondere in Bezug auf Anerkennung und soziale Verbindungen. Auch der Einfluss des Alters wird deutlich, dieser zeigt sich in der abnehmenden Benutzungsfreundlichkeit der Gamification bei älteren Personen. Dies deutet darauf hin, dass diese möglicherweise unterschiedliche Anforderungen an die Benutzungsfreundlichkeit haben. Des Weiteren wurde festgestellt, dass die wahrgenommene Freude und Nützlichkeit der Gamification mit der Nutzungsdauer abnimmt, was darauf hinweist, dass Nutzer*innen möglicherweise von den anfänglichen Effekten der Neuheit der Anwendung beeinflusst werden [22].
Diese letzte Erkenntnis wird als Novitätseffekt oder Neuheitseffekt bezeichnet, was darauf hinweist, dass Gamification-Techniken Benutzer*innen im Laufe der Zeit auch langweilen können. Die Ergebnisse einer Langzeitstudie über Gamification deuten ebenfalls darauf hin, dass der anfängliche Reiz und Enthusiasmus für Gamification-Elemente mit der Zeit nachlässt. Allerdings wurde auch beobachtet, dass nach dieser Phase ein Gewöhnungseffekt einsetzt, bei dem Benutzer*innen Anpassung und Vertrautheit mit den Gamification-Elementen entwickeln, was langfristiges Engagement fördert. Dies legt nahe, dass die Berücksichtigung von Strategien zur Anpassung der Gamification-Elemente im Laufe der Zeit sinnvoll ist. Durch diese strategische Variation könnte der Gewöhnungseffekt genutzt werden, um die Aufmerksamkeit und das Interesse der Nutzer*innen aufrechtzuerhalten und gleichzeitig die langfristigen positiven Auswirkungen der Gamification zu unterstützen [23].
Auch der zuvor in Abschnitt 3 erwähnte Fitness-Tracker von Fitbit wurde auf Langzeitnutzung untersucht. Die Ergebnisse zeigen, dass die Neuheitsperiode für die meisten Teilnehmenden etwa 3 Monate dauerte. Nach diesem Zeitraum kann die Nutzung des Geräts abnehmen und einige Benutzer*innen könnten es sogar ganz aufgeben. Die Analyse zeigte, dass persönliche Motivationen, wie zum Beispiel das intrinsische Interesse an körperlicher Aktivität und soziale Unterstützung, Benutzer*innen dazu veranlassen, ihre Fitbit-Geräte auch nach der Neuheitsperiode weiterzunutzen. Die Studie zeigt, dass der Erfolg von Aktivitätstracking-Geräten nicht nur von den Gerätefunktionen abhängt, sondern eng mit persönlichen, sozialen und intrinsischen Motivationen der Benutzer*innen verknüpft ist. Designentscheidungen sollten diese Faktoren berücksichtigen, um langfristige Partizipation zu fördern [24].
Gamification-Strategien, die auf den*der Endnutzer*in zugeschnitten werden können, haben demnach das Potenzial erfolgreicher zu sein. Das könnte beispielsweise mittels Profiling, das Integrieren von Hinweisen zu bestimmten Uhrzeiten oder durch Erhöhen des Schwierigkeitsgrads entsprechend den Fähigkeiten der Benutzer*innen erreicht werden [25].
Auch Korn et al. [26] betonen, dass der Erfolg von Gamification-Anwendungen durch die Berücksichtigung des Anwendungskontexts und der Eigenschaften der Nutzer*innen beeinflusst wird. Eine Analyse der Persönlichkeiten der Nutzer*innen ermöglicht die gezielte Auswahl und situationsbezogene Anpassung von Gamification-Elementen für maximalen Erfolg. Somit wird auch vermieden, dass Elemente wie beispielsweise Bestenlisten kontraproduktiv wirken, da sie für manche Zielgruppen motivierend, für andere jedoch demotivierend oder sogar stressauslösend sein können.

5 SCHLUSSFOLGERUNG

Die Arbeit betont die Rolle der Gamification in mHealth-Apps für positive Gesundheitsveränderungen. Erfolgsbeispiele wie die Fitbit-Produkte und wissenschaftliche Erkenntnisse unterstreichen das Potenzial von Gamification. Forschungsergebnisse zeigen, dass der Einfluss von Gamification nicht nur kurzfristig durch den Novitätseffekt, sondern auch durch den Gewöhnungseffekt langfristig geprägt wird. Die Ergebnisse legen nahe, dass eine fortlaufende Anpassung und Variation der Gamification-Elemente im Laufe der Zeit entscheidend ist, um den Erfolg von Gamification aufrechtzuerhalten. Weitere Schlüsselfaktoren sind die Analyse des Kontexts und die Berücksichtigung individueller Nutzer*innenprofile. Geschlechts- und altersabhängige Unterschiede in der Wahrnehmung von Gamification-Elementen sowie der Einfluss persönlicher und sozialer Kontexte auf die Langzeitnutzung unterstreichen die Notwendigkeit einer individualisierten Herangehensweise. Obwohl vielversprechende Ergebnisse vorliegen, bedarf es weiterer Forschung, insbesondere unter Verwendung umfangreicherer Stichproben über einen längeren Zeitraum und in verschiedenen Kontexten, um die besten Praktiken der Gamification im Gesundheitswesen besser zu verstehen und sicherzustellen.

LITERATUR

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[2] Goldhill Jason und Roodt Sumarie. 2018. Gamification in m-Health Applications and its Effects on Health Behavioural Changes in Net Generation Students. In 2018 International Conference on Intelligent and Innovative Computing Applications (ICONIC). 1–7. https://doi.org/10.1109/ICONIC.2018.8601206

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[4] The Insight Partners. 2021. Weltweiter Umsatz mit Mobile Health (mHealth) in den Jahren von 2017 bis 2028 (in Milliarden US-Dollar). letzter Zugriff am 19.11.2023 von https://de.statista.com/statistik/daten/studie/387489/umfrage/weltweiter-umsatz-mit-mobile-health-mhealth

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[6] Miller Aaron, Cafazzo Joseph und Seto Emily. 2016. A game plan: Gamification design principles in mHealth applications for chronic disease management. Health Informatics Journal 22, 2 (2016), 184–193. https://doi.org/10.1177/1460458214537511

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[13] MySugr. 2023. MySugr – Diabetes Tagebuch. letzter Zugriff am 19.11.2023 von https://www.mysugr.com

[14] Fitbit. 2023. Fitbit – Gesundheit & Fitness. letzter Zugriff am 24.11.2023 von https://www.fitbit.com

[15] Airnow. 2022. Ranking der erfolgreichsten Gesundheits- und Fitness-Apps im Google Play Store nach Umsatz weltweit im September 2022 (in Millionen US-Dollar). letzter Zugriff am 19.11.2023 von https://de.statista.com/statistik/daten/studie/689468/umfrage/gesundheitsund-fitness-apps-im-google-play-store-nach-umsatz-weltweit

[16] Wysopal Julia. 2020. Gamification through Fitbit – Playing to exercise or playing to win? https://arno.uvt.nl/show.cgi?fid=152433

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[18] Xie Huiting. 2022. A scoping review of gamification for mental health in children: Uncovering its key features and impact. In Archives of Psychiatric Nursing. 132–143. https://doi.org/10.1016/j.apnu.2022.07.003

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[20] Alahäivälä Tuomas und Oinas-Kukkonen Harri. 2016. Understanding persuasion contexts in health gamification: A systematic analysis of gamified health behavior change support systems literature. International Journal of Medical Informatics 96 (2016), 62–70. https://doi.org/10.1016/j.ijmedinf.2016.02.006

[21] Fitocracy. 2023. Fitocracy – A Stronger You in 2023. letzter Zugriff am 22.11.2023 von https://www.fitocracy.com

[22] Koivisto Jonna und Hamari Juho. 2014. Demographic differences in perceived benefits from gamification. Computers in Human Behavior 35 (2014), 179–188. https://doi.org/10.1016/j.chb.2014.03.007

[23] Rodrigues Luiz, Pereira Filipe, Toda Armando, Palomino Paula, Marcela Pessoa, Carvalho Leandro, Fernandes David, Oliveira Elaine, Cristea Alexandra und Isotani Seiji. 2022. Gamification suffers from the novelty effect but benefits from the familiarization effect: Findings from a longitudinal study. International Journal of Educational Technology in Higher Education (2022). https://doi.org/10.1186/s41239-021-00314-6

[24] Shin Grace, Feng Yuanyuan, Jarrahi Mohammad Hossein und Gafinowitz Nicci. 2018. Beyond novelty effect: a mixed-methods exploration into the motivation for long-term activity tracker use. JAMIA Open 2, 1 (12 2018), 62–72. https://doi.org/10.1093/jamiaopen/ooy048

[25] Vella Kellie, Peever Nikki, Klarkowski Madison, Ploderer Bernd, Mitchell Jo und Johnson Daniel. 2018. Using Applied Games to Engage MHealth Users: A Case Study of MindMax. In Proceedings of the 2018 Annual Symposium on Computer-Human Interaction in Play (Melbourne, VIC, Australia) (CHI PLAY ’18). Association for Computing Machinery, New York, NY, USA, 511–522. https://doi.org/10.1145/3242671.3242686

[26] Korn Oliver, Schulz Annika und Hagley Belinda. 2022. Gamification: Grundlagen, Methoden und Anwendungsbeispiele. 43–63. https://doi.org/10.1007/978-3-658-35059-8_4

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