Das iPad und ich auf der iPhone dev con

Das iPad und ich auf der iPhone dev con – Tag 2

Von am 04.01.2011

An Tag zwei stehen Vorträge zum Thema iPad auf dem Konferenzplan der iPhone Developer Konferenz in Köln natürlich mit iPad. Einer davon beschäftigt sich mit Usability auf dem iPad: “Benutzerlebnisse auf 9,7 Zoll – Usability und Konzeption fürs iPad” gehalten von Benno Bartels | insertEFFECT GmbH.
“Das iPad ist einfach nur ein zu groß geratenes iPhone.” Um ehrlich zu sein, war das mein erster Gedanke damals als ich das erste Mal ein iPad in den Hände hielt. Aber nach einiger Zeit Arbeiten mit dem iPad, weiß ich, dass es nicht so ist. Das iPad kann Kochbuch, Musikinstrument, Surfmaschine und eBook-Reader zugleich sein. Obwohl man fairerweise zum Thema eBook-Reader sagen muss, dass das Display des iPads nicht wirklich mit “echten” eBook-Readern mithalten kann. Die verhältnismäßig geringe Pixeldichte von 132 ppi und das LCD-Display sind hier ausschlaggebende Punkte. Defacto ist die Pixeldichte der 1. Generation des iPad sogar geringer als die des iPhone 3G (163 ppi, Baujahr 2009). Das wirkt sich natürlich gerade in der Darstellung von Schrift aus.
Um den Unterschied Tablet vs. Smartphone besser zu verstehen sind vier Punkte interessant:

  • Der Nutzungskontext – Wann und wo wird das Gerät verwendet?
    iPad = begrenzt mobil vs. iPhone = immer dabei
  • Die Umwelt – Was passiert um den Benutzer?
    iPad = jeder Nutzer anders vs. iPhone = schnell, unkontrolliert, variiert
  • Gesellschaftlich – Kann das Gerät allein oder gemeinsam verwendet werden?
    iPad = variabel (sowohl privat als auch gruppentauglich) vs. iPhone = sehr privat, persönlich
  • Das Nutzungsverhalten – Was wird mit dem Gerät typischerweise gemacht?
    iPad = konsumieren vs. iPhone = kommunizieren

Schaut man sich außerdem die Bedienung der Geräte genauer an, findet man leicht Unterschiede. Das iPhone ist so konzipiert, dass man es mit einer Hand halten und bedienen kann. Hier ist dann der Daumen der bedienende Finger. Natürlich sind auch andere Bedienvarianten denkbar, aber sicher nicht die Regel ( eine Hand hält, die andere tippt mit dem Zeigefinger oder beidhändige Bedienung, Tippen mit Daumen).
Durch sein Gewicht ist das iPad mit einer Hand nicht zu bedienen. Dadurch ergeben sich weitere Bedienvarianten:

  • im Sitzen mit zwei Händen (eine Hand hält, die zweite bedient)
  • auf dem Tisch oder den Beinen liegend (beide Hände bedienen)
  • im Gehen mit zwei Händen (beide Hände halten, Bedienung mit Daumen beider Hände)

Diese unterschiedlichen Bedienansätze zeigen, dass das Interface der jeweiligen Anwendung an die Usecases angepasst gehören und nicht einfach nur ein aufgeblasenes iPhone User Interface sein sollte. Nielsen fand in seiner Studie “Usability of iPad Apps and Websites” (2010) heraus, dass der untere Navigationsbalken, der für iPhone-Apps empfohlen wird, auf dem iPad kaum genutzt, ignoriert oder vergessen wird. Ein weiterer Fakt ist, dass Full Websites (Websites, die für den Desktop-Rechner konzipiert sind) auf dem iPad halbwegs gut funktionieren. Größtes Hindernis ist hier die schlechte Bedienbarkeit vieler Website mittels Touchscreen. Am iPhone hingegen bevorzugen die User Webanwendungen, die für mobile Geräte optimierte sind.

Wichtige Punkt in Sachen Usability am iPad sind:

Die Orientierung

Beim iPad bietet die Orientierung des Gerätes größere Möglichkeiten. In der Landscapeansicht (Querformat) lässt sich die Breite besser ausnutzen, in dem man eine Listenansicht auf der linken Seite positioniert und eine Detailansicht rechts. Auf dem kleinen Display des iPhones ist dies nicht denkbar.
Im Portraitmodus sollte die Listenansicht verschwinden und zum Beispiel über einen Info-Button abrufbar gemacht werden. Zu beachten ist dabei, dass keine zusätzlichen Features in den unterschiedlichen Ansichten versteckt werden.

Discoverability

Der User soll Zusatzfunktionen schnell entdecken. Bei einer Bildergalerie haben sich bspw. Punkte unter dem Bild durchgesetzt, um anzuzeigen, dass sich hinter dem einen Bild noch weitere verstecken.

Touchbare Bereiche

Buttons müssen deutlich grafisch hervorgehoben und entsprechend groß sein, um so auch für Wurstfinger kompatibel zu sein. Weitere Informationen zum Eingabeproblem gibt es im Post Die vier Kernprobleme der mobilen Webentwicklung – Part 1.

Fotorealismus

Reale Begebenheiten können in die App übertragen werden z.B. das Blättern im Buch oder ein Letterstapel. Grundsätzlich gilt es aber, die Sinnhaftigkeit zu überprüfen und es nicht zu übertreiben.

Einheitliches Layout

Dem User sollte ein einheitliches Layout innerhalb einer Applikation geliefert werden.

Bereits in der Konzeptionsphase ist es wichtig auf die optimale Usability zu achten. Bartels empfiehlt Tools wie Axure um Clickdummies zu erstellen. Um diese dann auf mobilen Geräten zu testen, kann man sie auf einen Webserver laden und so auch von mobilen Geräten abrufbar machen.

Fazit

Die zwei Tage auf der iPhone Devcon in Köln hab ich mit dem iPad überstanden ohne andauernd auf meine Kollegen mit ihren Macs zu schielen. Das Gewicht und die lange Akkulaufzeit waren hier die entscheidenden Faktoren. Ich musste nicht schauen in der Nähe einer Steckdose zu sitzen. Außerdem ist es in meiner kleinen Tasche leicht verstaut. Der einzige negative Punkt, der mir auf der Devcon aufgefallen ist: Ich konnte mich mit dem iPad nicht wärmen, als es im Keller am Tag 1 etwas kalt wurde. Da hatten meine Kollegen mit den Macs auf dem Schoß einen klaren Vorteil. Allerdings ist das auch wieder ein Pluspunkt fürs iPad – es läuft nicht heiß.
Programmieren ist leider nicht wirklich drin. Auch wenn z.B. mit der App FTP On The Go eine recht gute Möglichkeit besteht auf einem Webserver via FTP zuzugreifen und Dateien zu verändern. Aber vielleicht ist es auch nur eine Frage der Zeit bis das iPad auch für diese Gruppen interessanter gemacht wird.
Der Unterhaltungswert am Flughafen war jedenfalls hoch, als wir uns die Zeit vertreiben mussten, weil der Flieger wegen des Scheechaos verspätet war.
Beim Schreiben der beiden Artikel bin ich dann allerdings an die Grenzen der WordPressApp gestoßen. Auch mit eingestelltem Autosave sind meine Texte nach Abstürzen immer weg. Hier stieg ich ziemlich rasch auf Pages um, was mich ja die gesamte Konferenz begleitet hatte. Für die Feinjustierung muss ich zugeben, hab ich dann allerdings zu Hause mit dem Mac geschummelt. Denn es ist sehr mühsam über die Tastatur HTML-Auszeichnungen zu machen. Um das Zeichen “größer als” zu schreiben sind drei Klicks nötig.
Das iPad hat dennoch seine Daseinsberechtigung. Für mich ist es unterwegs (Bahn, Flugzeug, Öffis) eine sinnvollere Alternative als ein Netbook, was ich gerade nebenan bei einer Mitreisenden in Benutzung sehe. Klein, nicht zu schwer, großes Display, schnelle Reaktionsfähigkeit. 3 Millionen verkaufte iPads in nur 80 Tagen sprechen für sich.

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