Vom N8 zum Lumia – ein problemloser Wechsel?
Von Redaktion am 05.04.2012
Ein Beitrag von Christian Blumenstein
Die Geschichte eines überzeugten Nokia-Fans und worauf ein technischer Laie bei Smartphones Wert legt
Als Gatte einer Medientechnik studierenden Frau hat man es nicht wirklich leicht, in einer Zeit, in der Geräte mit angebissenem Obst auf dem Gehäuse groß in Mode sind, sich für so “hinterwälderische” Telefone von Nokia zu begeistern.
Ich sorgte 2010 erstmals für Entsetzen, als ich gebeten wurde, ein paar Geräte kurz anzutesten und ich spontan für mich herausfand, dass mir das N8 am besten gefiel. Noch vor dem iPhone, und zwar so gut, dass gleich ein Exemplar käuflich erworben werden musste. Nach sechs Jahren Sony Ericsson hielt ich die Zeit für gekommen, auch in die Welt der Smartphone einzutauchen. Ich hatte Touchscreen-Blut geleckt und wollte endlich auch mehr als nur telefonieren und Nachrichten schreiben. Und ich lernte mein neues Gerät verstehen und lieben. Es war praktikabel und einfach zu handhaben, so wie ich es mir als Einstiegsgerät wünschte.
Mein limettenfarbenes N8 und meine Begeisterung für dieses Telefon sorgte nun also für so manches lächelnde Kopfschütteln im studentischen Bekanntenkreis meiner angetrauten Medienexpertin, immerhin nicht für die Scheidung.
Gut ein Jahr nach diesen bewegenden technischen Veränderungen in meinem Leben trat das Lumia 800 in meinen telefonischen Dunstkreis, unter ähnlichen Voraussetzungen wie ein Jahr zuvor das Symbian-Modell des finnischen Geräteproduzenten. Eigentlich hatte ich überhaupt keine Lust, ein Windows-Phone zu probieren, aber gut… anschauen kostet nichts. Und es machte optisch einen sehr guten Eindruck, überzeugte durch gute Verarbeitung und es lag gut in der Hand, was zum Beispiel zum Telefonieren durchaus vorteilhaft ist.
Der Test wäre allerdings fast vorbei gewesen, ehe es zum ersten Telefonat gekommen wäre – denn die normale SIM-Card des N8 passte nicht in den Mikro-SIM-Schacht des Lumia. Nach längerem Überlegen entschied ich mich dafür, dieses Problem aus der Welt zu schaffen und den Test doch zu absolvieren. Abhilfe schaffte der Shop des Anbieters, der gegen ein geringfügiges Entgelt einen problemlosen Tausch vornahm.
Eine einfache Menüführung ermöglichte es, schnell die gewünschten persönlichen Einstellungen vorzunehmen. Überraschenderweise funktionierte es recht einfach, die Kontakte vom N8 auf das Lumia zu übertragen, auch wenn das nur von Telefon zu Telefon möglich ist. Natürlich wäre es vom Produzenten zu viel verlangt, für zwei unterschiedliche Betriebssysteme eine PC-Software zum Einsatz zu bringen. So wechselte ich also vorübergehend nicht nur von Symbian zu Windows, sondern auch von der Nokia Suite zu Zune, dem Partner meines Testgerätes auf dem Computer. Problemlos und schnell ließ sich die Gerätesoftware auf den aktuellen Stand bringen und das Telefon mit meinem seit etlichen Jahren vertrauten Klingelton „Wiener Blut“ zu versehen. Nachteil: Nur Klingeltöne können personalisiert werden, an Signaltönen (SMS oder eMail) muss der User mit den von Nokia vorgegebenem Soundmaterial auskommen. Das vorübergehende Aus für meinen kuhlen SMS-Ton, der das Telefon jedesmal beim Eingang einer Kurznachricht laut muhen ließ. Zwar lassen sich Fotos (die 12 Megapixel-Cam des N8 wich einer 8 MP-Ausgabe beim Lumia) und Musikdateien transferieren, wer aber seine Kurzmitteilungen gern auf dem PC verwaltet, wird sich mit dem Lumia ein bisschen einschränken müssen. Das ist momentan noch nicht möglich.
Auch die Terminverwaltung lässt sich einfach über das Handy organisieren, mein hauseigener Google-Kalender wird täglich, wenn gewünscht sogar minütlich, mit dem Lumia synchronisiert. Mit etwas Einstellungs-Feingefühl funktioniert die Synchronisierung auch zurück vom Telefon in den PC – Terminverwaltung wirklich einfach gemacht.
Über Windows live ist es auch möglich, WORD und Exceldateien mit dem Lumia zu bearbeiten, vorausgesetzt, die entsprechenden Dokumente werden auf die Plattform SkyDrive geladen und freigegeben. Das Einarbeiten und Registrieren ist ein Kinderspiel, und sogar technische Laien wie der Ehemann meiner Gattin hatten wenig Probleme, sich in diese technischen Feinheiten einzuleben und sie auch im alltäglichen Berufsalltag zu nutzen. Das Gerät punktet mit Schnelligkeit, sinnvoll angebrachten Tasten an der Seite (zum schnellen Stummschalten, zur Displaysperre) und einer sehr guten Menüführung. Die Navigation funktioniert ebenso problemlos wie das Wecken trotz stummgeschaltetem Gerät, was auch das N8, aber sonst wirklich nicht jedes Smartphone bieten kann. Hier hat das Symbian-Modell sogar noch einen Vorteil mehr: der Wecker funktioniert sogar bei ausgeschaltetem Gerät.
Allerdings ist es nicht empfehlenswert, längere Tagesausflüge ohne Aufladegerät anzutreten. Bei einer normalen Nutzung mit gelegentlichen Surftrips ins World Wide Web und mittelmäßigem SMS-Aufkommen hält der Akku, auch bei eingeschaltetem Energiesparmodus, kaum länger als 24 Stunden. Es empfiehlt sich also immer, den Ladestand im Auge zu behalten und für den Fall aller Fälle eine Steckdose greifbar zu haben. Das allerdings ist ein Umstand, an den man sich rasch gewöhnt und der auf Dauer betrachtet keine große Einschränkung darstellt, wenn man nicht unbedingt ein Nutzer ist, der auf 3000 Meter Höhe ohne Anschluss an die Stromversorgung lebt.
Und außer der Ausdauer fehlt dem Lumia 800 noch etwas, jedenfalls im Vergleich zum N8: das Symbian-Phone war mit einer Signalleuchte ausgestattet, die bei entsprechender Einstellung durch aufgeregtes Leuchten signalisierte, dass irgendeine Person mit einem in Kontakt zu treten wünschte. Das Windows-Gerät bleibt in jedem Fall finster und zeigt Anrufe bzw. SMS in Abwesenheit erst nach Aktivierung des Displays an. Schade, an das Benachrichtungsblinken hatte ich mich gewöhnt und empfand diese Form der Verständigung als sehr angenehm.
Wer T9 liebt, wird sich umstellen müssen… allerdings ist die Tastatur des Lumia mit etwas Eingewöhnung sehr gut zu bedienen – und wer dazu neigt, gelegentlich mal den falschen Buchstaben zu tippen, der wird ebenfalls korrigiert. Das Nachrichtensystem verfügt über kleine Feinheiten, die T9 irgendwann in Vergessenheit geraten lassen. Eingewöhnung ist da eben alles.
Das Lumia 800 ist wieder ein Smartphone, das sich still und heimlich in mein Herz gearbeitet hat – und wieder ist es ein Nokia-Gerät. Zweifelsohne gibt es die eine oder andere Kinderkrankheit dieses Premierengerätes (das erste Windows-Phone des finnischen Herstellers) zu beseitigen, aber daran werden die Techniker mit Sicherheit herumdoktern. Nicht vergebens, wie die Lektüre einschlägiger Fachforen verrät.
Nach diesen ganzen Vergleiche und einem sorgfältigen Abwiegen von Vor- und Nachteilen hat sich nun in unserer Familie erneut technischer Gerätenachwuchs eingestellt – ein nagelneues Nokia Lumia 800 blue. Und nach dem Aufspielen des neuesten Firmware-Updates war das Problem mit der kurzen Akkulaufzeit beseitigt – das Gerät überlebt jetzt locker, je nach Nutzungsitensität, zwischen anderthalb und zwei Tagen ohne Strom nachzutanken. Ich bleibe also vorerst smartphonetechnisch bei dieser einen Marke und lasse mich momentan nicht “verapplen”.
Aber wer weiß, welche Testaufgaben mir in Zukunft übertragen werden. Vielleicht gar keine? Schließlich hat sich sogar meine Frau mittlerweile daran gewöhnt, dass ihr Mann ein Nokia-User ist. In Medientechnik-Studentenkreisen scheint das eine kleine Rarität zu sein.
Ein Beitrag von Christian Blumenstein
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