Information and Communication Technologies in Tourism 2012

Mobile Informationstechnologie im Tourismus (Teil 1)

Von am 31.05.2012

Die International Federation for Information Technologies in Travel and Tourism (IFITT) hält nun seit bereits 19 Jahren die jähriche Konferenz ENTER ab. Diese Veranstaltung bietet ein weltweit  einzigartiges Forum für Teilnehmer aus Wissenschaft, Industrie, den Behörden und anderen Organisationen um Wissen im Bereich von Informations- und Kommunikationstechnologien in der Reise- und Tourismusbranche zu teilen. Neue Forschungen werden vorgestellt und Fallstudien präsentiert. Ursprünglich in Innsbruck gestartet, fand die Konferenz dieses Jahr in Helsinki statt und die wichtigsten Papers wurden gesammelt und in dem Buch Information and Communication Technologies in Tourism 2012 zusammengefasst, welches im Springer-Verlag erhältlich ist.

Das Kapitel „Mobile Technology and Services“ beiinhaltet sehr aktuelle und interessante Forschungsarbeiten auf diesem Gebiet und ich möchte ausgewählt Erkenntnisse in diesem Beitrag zusammenfassen.

The New Landscape of Travel: A Comprehensive Analysis of Smartphone Apps

Mit der immer größeren Verbreitung von Smartphones, günstigeren Datentarifen  und einer stetig wachsenden Auswahl von guten Apps, befindet sich das Reisen im Wandel.  Dan Wang und Zheng Xiang haben in dem Paper  „The New Landscape of Travel: A Comprehensive Analysis of Smartphone” mit Hilfe von Data Mining die unterschiedlichsten iPhone Apps aus dem iTunes Store analysiert. Das Ziel war einen Überblick der vorhandenen Apps im Bereich des Tourismus zu erhalten und zu kategorisieren.

Das Paper liefert zu Beginn ein anschauliches Beispiel, welches ich kurz wiedergeben möchte. Man stelle sich einen Reisenden vor, der mit seinem PKW auf einer Autobahn unterwegs ist. Das iPhone mit GPS aktiviert und Google Maps geöffnet dient ihm als Navigationsgerät. Aus den Autoboxen dröhnt seine Lieblingsmusik, die er über die Spotify App von seinem Smartphone aus eingestellt hat. Ein Hungergefühl überkommt den Fahrer und er benutzt die integrierte Suchfunktion um das nächstgelegene Restaurant seiner Lieblingskette zu finden. Wie er dort ankommt, checkt er mit seiner Foursquare App  ein, sofort ist sein Status aktualisiert und er kann mit seinen Freunden über die verschiedenen social networks interagieren.

Vor nicht allzu langer Zeit wäre dieses Szenario nicht denkbar gewesen, doch energiesparendere Prozessoren, moderne Betriebssysteme, mobiles Breitbandinternet, größere und kontrastreichere Displays, benutzerfreundliche Interfaces, starke Rechenleistungen und eine Fülle von guten Apps sind einige Punkte, die dazu führen, dass Konsumenten die Fähigkeiten des Smartphones ausreizen wollen. Besonders im Tourismus können viele dieser Funktionen eingesetzt werden, um das Reiseerlebnis hochgradig zu verbessern.

Die Datensammlung

Das iPhone zählt zu den einflussreichsten mobilen Innovationen der letzten Jahre und über 33 Millionen Geräte wurden weltweit verkauft. Der iTune App Store ist die zentrale Anwendung um sein iPhone mit Apps aufzurüsten. Wang und Xiang benutzen für ihre Erhebungen in diesem Paper ausschließlich iPhone Apps bzw. den iTune App Store. Android-Geräte und Google Play (ehemals Android Market) werden nicht berücksichtigt. Mit Hilfe eines Programms  wurden die Textbeschreibungen, Benutzerbewertungen und Kommentare  aller Apps der Kategorie „travel“ aus dem iTune Store ausgelesen und gesammelt.  Verwendet wurden von den 19.072 Apps nur jene, die auch Benutzerbewertungen und Kommentare aufweisen konnten. Dies reduzierte die Auswahl auf rund ein Viertel, genau waren es 4.954. Da der Großteil der Benutzerkommentare zu den besten 300 Apps vorhanden war, wurden genau diese 300 Apps für die weiteren Verfahren herangezogen.

Datenanalyse

Die Forscher bedienten sich dem Programm Wordstat, welches zum Text Mining verwendet wird. Aus den Entwicklerbeschreibungen wurden die App-Features extrahiert und klassifiziert. In einem weiteren Schritt wurden die Benutzerbewertungen und Kommentare analysiert. Nachfolgend werden die wichtigsten Resultate dieser Methoden präsentiert.

Klassifikation der Apps

Folgende Tabelle gibt einen Überblick über die Ergebnisse der Klassifizierung der 300 Apps.

Kategorie

Zusätzliche Infos

Anzahl

%

Reiseführer einer Stadt

63

21

Online Reiseagentur

Apps zum Suchen und Reservieren von Hotels, Transportsystemen, etc.

35

11,7

Sprachführer

34

11,3

Flugbuchung

34

11,3

Freizeitpark Führer

App für Freizeitparks wie Disneyland

31

10,3

Facilitators

Apps für die nächsten Wi-Fi spots, billige Tankstellen, etc.

30

10

Reiseführer für mehrere Städte

26

8,7

Restaurantsuche

24

8

Unterhaltung

14

4,7

Live Kamera

Apps um Livestreams von anderen Standorten zu erhalten

5

1,7

Währungsrechner

4

1,3


Design Features

Beim Betrachten der häufigsten Design Features von Apps im Bereich Tourismus scheinen vor allem personalisierte Vorschläge, sowie das Einbeziehen von kontextbasierten Informationen als sehr wichtig. Erinnerungen für Benutzer zu einem bestimmten Zeitpunkt erweisen sich als gut, da der Benutzer dadurch nicht so leicht auf wichtige Dinge vergisst.

Eine weitere Erkenntnis ist, dass Apps unterschiedliche Arten der Eingabe für User unterstützen sollen. Passend zu der Aufgabe soll die Eingabe so einfach und angenehm wie möglich sein. Bei einer Übersetzungsapp wäre das die Spracheingabe, oder bei der Suche nach einem Restaurant die Möglichkeit Filter zu definieren.

Interaktive Karten sind ein weiteres beliebtes Feature bei Apps im Tourismusbereich. Offline-Verfügbarkeit wird als Features aufgeführt, dass bei einigen Apps zum Einsatz kommt.


Analyse der Kundenbewertungen

Anhand der Kundenbewertungen und der Kommentare wurden die beliebtesten Features ermittelt. Das höchste Rating erzielten dabei Features, die nur auf der mobilen Plattform verfügbar sind. Dazu zählen „live chat“, die Wartezeit für eine Warteschlange zu sehen oder ein Tischreservierung im Restaurant über ein paar Klicks erledigen zu können. Den Benutzern ist die Genauigkeit der Informationen und ein schnelles Feedback bei der Applikation wichtig. Filteroptionen für persönlichere Suchergebnisse und innovative Möglichkeiten, wie die zufällige Auswahl eines Restaurants durch schütteln des Smartphones weisen hohe Akzeptanz auf. Zusätzlich sind einfache und intuitife Interfaces und das speichern von Auswahlen für den späteren Gebrauch sehr beliebt.

Schlechte Bewertungen wurden vor allem mit Kommentaren wie „Geldverschwendung“ oder ähnlichem assoziiert. Das lässt darauf schließen, dass Kunden schneller ihrem Unmut freien Lauf lassen, wenn sie Geld für eine App ausgegeben haben und die Erwartungen nicht erfüllt wurden. Unbeliebt sind Apps die keinen Vorteil gegenüber der Website bieten oder direkt auf diese verweisen. Zu guter Letzt  sind niedrige Bewertungen gehäuft bei Apps festzustellen, bei denen die Entwickler nicht auf Bewertungen oder Wünsche der Benutzer eingehen. Daraus lässt sich folgern, dass Benutzer den Support für sehr wichtig empfinden.


Resümee

Das Resultat ist zwar nicht überraschend, aber es zeigt dafür deutlich, dass heutige Smartphones in gewisser Weise die eierlegende Wollmilchsau der Informationstechnologie darstellen. Die Internetanbindung ermöglicht nicht nur eine Informationssuche, sondern darüber hinaus die Möglichkeiten Reservierungen und e-commerce durchzuführen. Multimedia-Inhalte können konsumiert oder erstellt werden und die direkte Integration von Social Networks rundet das Ganze noch ab. Neben diesen Möglichkeiten bieten Applikationen neuartige Leistungen, wie location-based services, context-aware recommendations oder improvisierte Auswahlen.

All diese Funktionen bieten eine Unmenge an Möglichkeiten für den Tourismus und sind das Sprungbrett für ein komplett neues Reiseerlebnis. Dem Reisenden werden Möglichkeiten zur Verfügung gestellt, wie er Reiseziele innovativer als je zuvor erleben kann.

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